Moderation: | Christa Schöning-Walter, Reinhard Altenhöner Deutsche Nationalbibliothek - Frankfurt am Main, Deutschland |
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Themenkreis: | 03 - Bibliotheksorganisation und Informationsmanagement – quo vadis? | |
Zeit: | Donnerstag 04. Juni 2009 09:00 - 12:00 | |
Raum: | Christian Reichart | Links (1.OG) | |
Der Einsatz von Persistent Identifiern (PIs) ist ein seit mehreren Jahren etabliertes Verfahren zur Identifizierung und Adressierung von digitalen Ressourcen im Netz und gewinnt für die Referenzierung digitaler Objekte zunehmend an Bedeutung. So fordert beispielsweise die DFG in ihren Praxisregeln zum Förderprogramm „Kulturelle Überlieferung“ explizit die persistente Adressierbarkeit jedes einzelnen Digitalisats mit geeigneten Methoden.
PIs sind eindeutige Bezeichner (Namen) für digitale Objekte. Sie bezeichnen die Ressourcen an sich: weltweit und auf Dauer. Im Gegensatz zu den Speicheradressen behalten sie auch bei technischen oder organisatorischen Veränderungen ihre Gültigkeit. Teil des Konzepts ist in der Regel ein Resolvingdienst, der die Namen und die Adressen aller im System registrierten Objekte verwaltet und die Auflösung durchführt.
Ziel ist es, die eindeutige Identifizierung digitaler Objekte über deren gesamten Lebenszyklus hinweg zu gewährleisten. Dies ist insbesondere für die Langzeitverfügbarkeit digitaler Ressourcen, also das sichere Wiederauffinden über lange Zeiträume hinweg, von grundlegender Bedeutung. Und es ist eine der unverzichtbaren Voraussetzungen für die Zitierfähigkeit digitaler Quellen in der Praxis wissenschaftlichen Arbeitens.
In dieser Veranstaltung werden mehrere Systeme vorgestellt: der Uniform Resource Name (URN), der Digital Object Identifier (DOI) und das Handle-System. In Praxisberichten werden Modellanwendungen präsentiert und Lösungswege aufgezeigt. Außerdem werden Kriterien benannt, die für die Beurteilung und Auswahl eines PI-Systems herangezogen werden können.
Christa Schöning-Walter
Deutsche Nationalbibliothek - Frankfurt am Main, Deutschland
Die Deutsche Nationalbibliothek (DNB) hat seit einigen Jahren auch den Auftrag der Sammlung, Erschließung, Verzeichnung und Archivierung von Netzpublikationen zu erfüllen. Als Netzpublikationen gelten alle Darstellungen in Schrift, Bild und Ton, die in öffentlichen Netzen zugänglich gemacht werden. Die Bewahrung der digitalen Inhalte auf Dauer und die langfristige Sicherung des Zugangs stellen erhebliche Anforderungen an den Geschäftsgang und an das Informationsmanagement. Spätestens bei der Erschließung in der DNB erhalten Netzpublikationen einen Persistent Identifier, um die eindeutige Identifizierung der digitalen Objekte im Zuge der Langzeitarchivierung gewährleisten zu können. Die DNB verwendet den Uniform Resource Name (URN) und betreibt einen URN-Resolver für Deutschland, Österreich und die Schweiz, um die sogenannte National Bibliography Number (NBN) – eine eigens für bibliografische Zwecke definierte Form der URN – registrieren und auflösen zu können. Dieser Resolvingdienst ist eine Serviceleistung, die auch außerhalb der DNB genutzt werden kann.
Dr. Dorothea Sommer 1, Kay Heiligenhaus 2
1Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt - Halle (Saale), Deutschland; 2semantics Kommunikationsmanagement GmbH - Aachen, Deutschland
In der Praxis des wissenschaftlichen Arbeitens spielt die Zitierfähigkeit von Quellen eine große Rolle. Während im Printbereich seit langem Regelwerke existieren, die das Medium des Buches erschließen, sind für die Zitierfähigkeit digitaler Ressourcen weiterhin verlässliche Verfahren zu entwickeln, die es erlauben, nicht nur auf Werkebene, sondern auch auf Seitenebene den digitalen Nachweis für wissenschaftliche Veröffentlichungen zu erbringen. Der Vortrag ist ein Praxisbericht zu dem gemeinsam von der Deutschen Nationalbibliothek und der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt in Zusammenarbeit mit der Firma semantics (Aachen) entwickelten Verfahren URN granular zur persistenten Zitierfähigkeit von Drucken auf Einzelseitenebene. Er dokumentiert die Ergebnisse des Harvesting-Verfahrens für das Digitalisierungsprojekt der Sammlung Ponickau der ULB Sachsen-Anhalts (Pilotprojekt der DFG in der Aktionslinie VD 16/ VD 17), für das in einem automatisierten Verfahren 9.000 Drucke mit ca. 600.000 Seiten mittels URN direkt adressierbar sind.
Jochen Kothe
Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek - Göttingen, Deutschland
Der Nutzen von Persistenten Identifiern (PIs) im Bereich der digitalen Bibliothek ist unstrittig. Zu wenig diskutiert werden jedoch die Fallstricke und ungelösten Fragen bei der praktischen Implementierung. Der Vortrag stellt die Evaluation und Implementierungsstrategie anhand der open source Produktions- und Präsentationssoftware "Goobi" vor, um dann auf die Problemkreise "strukturelle Adressierung und/oder seitenbasierte Adressierung", "Umgang mit Update- und Löschvorgängen" sowie "Problemstellungen im Kontext der Langzeitarchivierung" einzugehen.
Monika Böhm-Leitzbach 1, Stefan Wolf 2
1Bundesrat - Berlin, Deutschland; 2Bibliotheksservice-Zentrum Baden-Wuerttemberg - Konstanz, Deutschland
Das Informations- und Bibliotheksportal des Bundes ist eine gemeinsame Portallösung von 22 Behördenbibliotheken im Intranet des Bundes. Auf dem gemeinsam betriebenen Publikationsserver werden Veröffentlichungen der teilnehmenden Behörden gesammelt und zur Pflichtablieferung an die Deutsche Nationalbibliothek bereitgestellt. Der Publikationsserver basiert auf der Software BSZ Online-Archiv des Bibliotheksservice-Zentrum Baden-Württemberg, die in verschiedenen Installationen für Archive und Bibliotheken zu Zwecken der Langzeitarchivierung im Einsatz ist.
Zum Leistungsumfang der Pflichtablieferung gehört die Bildung und Meldung von URNs an die DNB als stabile Benennung der archivierten Publikationen. An die Stelle der Bildung und Meldung der URN für jede einzelne Institution haben die Portalbibliotheken eine eigene Lösung gefunden: sie ermöglicht eine gemeinsame URN-Bildung und den Zugriff aus den einzelnen Katalogen auf die gemeinsame Instanz Publikationsserver über die Auflösungs-URL. Der Praxisbericht stellt die Arbeitsweise im Publikationsserver und die rationelle Bearbeitung in den Mittelpunkt.
Malte Dreyer
Max Planck Digital Library (MPDL) - München, Deutschland
Die langlebige Auffindbarkeit und Zitierfähigkeit von digitalen Publikations- und Forschungsdaten über Technologiegrenzen hinweg erfordert die Einführung von Systemen zur Verwaltung von persistenten Bezeichnern. Über die Verwaltungsmöglichkeiten hinaus ergeben sich im Kontext von Forschungsdaten, ähnlich wie bei DOI für Publikationsdaten, auch erweiterte Anforderungen für Mehrwertdienste, die über die reine Bereitstellung von Bezeichnern hinaus gehen. Der Vortrag beschreibt den Evaluationsprozess zur Auswahl einer geeigneten Basistechnologie und stellt anhand von Beispielen aus Anwendungsfeldern erweiterte Anforderungen an PI-Systeme vor. Neben der Darstellung von Praxiserfahrungen werden weiterhin Möglichkeiten zur Integration von Repository- und PI-Systemen diskutiert und abgeleitete Anforderungen an Repository-Entwicklungen aufgezeigt.
Dr. Jan Brase
Technische Informationsbibliothek (TIB) - Hannover, Deutschland
Der Digital Object Identifier (DOI) existiert seit 1998 und ist gerade im Verlagswesen weit verbreitet. Er ermöglicht stabile Verlinkungen und Zitierungen von jeder Art von wissenschaftlichen Inhalten, die über das Internet verfügbar sind. Seit 2005 ist die TIB eine nicht-kommerzielle DOI Registrierungsagentur und vergibt DOI Namen im Bibliothekskontext.
Barbara Signori
Schweizerische Nationalbibliothek - Bern, Schweiz
Die Schweizerische Nationalbibliothek hat den gesetzlichen Auftrag neben gedruckten auch digitale Publikationen aus der Schweiz oder mit einem starken Bezug zur Schweiz zu sammeln, zu erschliessen, bereitzustellen und dauerhaft zu erhalten. Dieser Herausforderung stellt sich seit 2001 das Projekt e-Helvetica (http://www.nb.admin.ch/e-helvetica). Ein Team aus IT-Fachkräften und Bibliotheksspezialisten erarbeitet die Grundlagen für die Langzeiterhaltung und –verfügbarkeit der digitalen Sammlung. Die Plattform für die Archivierung der digitalen Publikationen ist bereits in Betrieb. Die digitalen Publikationen (Verlagspublikationen, Websites, Dissertationen usw.) werden elektronisch eingeliefert und verarbeitet. Für die eindeutige Identifizierung der digitalen Publikationen verwendet die Schweizerische Nationalbibliothek die URN (Uniform Resource Name) auf Basis der NBN (National Bibliography Number). Im Auftrag der Konferenz der Universitätsbibliotheken der Schweiz (KUB) wurde ein Modell erarbeitet, das die URN-Vergabe im Schweizer Hochschulbereich regelt. Die Anwendung der URN sowohl in der Schweizerischen Nationalbibliothek als auch im Schweizer Hochschulbereich ist in einem Handbuch, das im August 2008 erstmals auf der Webseite von e-Helvetica veröffentlicht worden ist, beschrieben.
Der Europeana Resolution Discovery Service: ein PI-Meta-Service in EuropeanaConnect
(#433)Dr. Ross King
Austrian Research Centers - Wien, Österreich
Der heutige Trend ist, dass jede Nationalbibliothek einen Resolution-Service (und damit seinen eigenen Resolver) für Persistent Identifier (PIs) hat oder in Kürze haben wird, um den stabilen Zugang zu ihren digitalen Kollektionen bereitzustellen. Durch eine Vereinbarung zur standardisierten und koordinierten Einrichtung der lokalen Resolver soll das Europeana-Portal einen gemeinsamen internationalen Service anbieten können, so dass User den Auflösungs-Service jeglicher nationalen Bibliothek für den Zugang zum europäischen kulturellen Erbe nutzen können.
Ausgerichtet an den Empfehlungen der CENL Task Force für Persistent Identifier (Conference of European National Librarians) wird der Europeana Resolution Discovery Service die folgenden Funktionen anbieten:
(1) NBNs (National Bibliography Numbers), ISBN-Nummern und andere Identifikatoren, die man in den Kollektionen der Nationalbibliotheken den digitalen Objekten zuordnet, werden persistent und konsistent gehalten, um damit einen gültigen Link auf diese Objekte gewährleisten zu können;
(2) Weiterleitung von Anfragen auf die PI-Resolution-Services von europäischen Nationalbibliotheken sowie auf Resolver anderer PI-Frameworks.
Im Rahmen des EuropeanaConnect Projektes planen wir die Entwicklung eines Resolver-Services auf Basis von vorhandenen Open-Source-Tools oder Tools, die in Zusammenarbeit mit kommerziellen Anbietern zur Unterstützung der bestehenden Infrastrukturen entwickelt wurden. Wir werden uns auf die Wiederverwendung von bestehenden Diensten durch die Umsetzung einer Meta-Infrastruktur konzentrieren, die solche Dienste als single-entry-point-Services miteinander kombiniert.
Niklaus Bütikofer
Universität Bern - Bern 9, Schweiz
Die nestor AG Standards erarbeitet im Rahmen der „Innovation mit Normen und Standards (INS)-Initiative“, die vom Bundesministeriums für Wirtschaft (BMWi) und dem DIN gefördert wird, einen Kriterienkatalog, der PI-Anbietern und -Nutzern die sachliche Beurteilung verschiedener PI-Systeme im Hinblick auf ihre Vertrauenswürdigkeit ermöglicht. Die Vertrauenswürdigkeit soll danach beurteilt werden, inwiefern die PI-Systeme in ihrer Konzeption für eine Reihe von kritischen Veränderungen Vorsorge getroffen hat.
Zentrale Fragen bei der Erarbeitung der Kriterien sind z.B.: Welche Verantwortlichkeiten übernimmt der Betreiber des Resolverdienstes, welche der Nutzer? Wie definiert sich die Identität zwischen Objekten? Welches sind Kernfunktionen eines PI-Systems, welches sind Mehrwertdienste?